Das Instandhaltungsteam des Elektrizitätswerks Obwalden hält die Wasserkraftwerke und Aussenanlagen zur Stromerzeugung rund um die Uhr einsatzbereit. Auf Kontrollgang mit Patrick von Deschwanden und Albert von Rotz im Kraftwerk Unteraa in Giswil.
Die Landschaft zuhinterst in der Giswiler Unteraa: still und ruhig. Das grüne Tor am Fuss des Abhangs: unscheinbar. Das Wasser, das nebenan Richtung See rauscht: geheimnisvoll. Der Gang, der hinter dem Tor in den Berg führt: lang und dunkel. Die Halle am Ende des Gangs: laut, gross, hell – Energie pur.
Mehr als 102 Millionen Kilowattstunden, Strom für 22’700 Haushalte, kommen aus dieser Halle mit ihren vier dröhnenden Turbinen und Generatoren. Sie ist das Herzstück des Kraftwerks Unteraa, der grössten Produktionsanlage des Elektrizitätswerks Obwalden.
Mittendrin in der Halle stehen Patrick von Deschwanden und Albert von Rotz, zwei von insgesamt fünf Instandhaltungsfachleuten der Kraftwerksanlagen des EWO. Im Gesicht: ein Lächeln. Sie kennen die Reaktion der überwältigten Besucher, die immer zuerst mit offenem Mund stehenbleiben. Vor allem aber kennen die beiden hier drinnen im Berg jeden Raum, jeden Korridor, jede Leitung, jede Maschine, jedes Ventil und jede Schraube. Denn als Spezialisten für den Unterhalt und als Generalisten für alle möglichen Anlagenteile sorgen sie dafür, dass die Energie aus dem Berg immer fliesst.
Patrick von Deschwanden (vorne) und Albert von Rotz an ihrem Arbeitsplatz, der Maschinenhalle des Kraftwerks Unteraa in Giswil.
«Die Dimensionen hier drin sind schon gewaltig», sagt Patrick von Deschwanden, der Anlagenverantwortliche für das Kraftwerk. Seine Stimme: knapp lauter als die Maschinen hinter ihm. Seit vier Jahren arbeitet er beim EWO. Langeweile: kennt er nicht. Er geht eine Treppe hinunter, einen Gang entlang, bis vor einen grossen orangen Kasten mit Dutzenden von Röhren und Leitungen rundherum. «Eine der Anlagen für das Hydrauliköl», erklärt von Deschwanden und wirft einen prüfenden Blick auf die Tacho-ähnlichen Anzeigen. Mit Hilfe des Hydrauliköls werden die Leitschaufeln zur Dosierung der Wasserzufuhr auf die Turbinen bewegt. Stimmt der Druck im System nicht, kann die Anlage nicht sauber geregelt werden.
Von Deschwanden und seine Kollegen machen täglich ihre Kontrollgänge durch das Kraftwerk. Ihr Leitfaden: eine bebilderte Checkliste mit definierten Richtwerten und erlaubten Toleranzen für alle Anlagenteile. Damit suchen sie mögliche Fehler und versuchen, kleine Probleme zu beheben, bevor sie zu grossen werden.
Albert von Rotz hantiert im nächsten Kellerraum an einer rot-blauen Wasserpumpe für das Kühlsystem und kontrolliert den zugehörigen Filter. «Ist der verstopft, stimmt der Druck im System nicht mehr, und das hat dann Auswirkungen auf den Betrieb der Anlage.» Von Rotz ist erst seit letztem Frühjahr im Instandhaltungsteam des EWO. Seine grösste Herausforderung: das ständige Dazulernen. «Mein Vorgänger war zehn Jahre hier unten unterwegs und hat bis am Schluss sein Wissen erweitert.» Doch das ist es gerade, was von Rotz reizt: Der gelernte Automechaniker hat seinen beruflichen Horizont schon früher gerne erweitert. Zuletzt hat er Serviceleistungen an Hochspannungskomponenten durchgeführt, bevor er zum EWO kam.
Albert von Rotz kontrolliert eine Wasserpumpe.
Neben ihren kleineren Wartungsarbeiten in regelmässigen Intervallen betreuen von Rotz und von Deschwanden auch grössere Revisionsarbeiten im Kraftwerk. Dann hat alles andere Dimensionen.
Zum Beispiel die Schraubenschlüssel zum Hantieren: riesig und kiloschwer. Oder die Kugelschieber und Drosselklappen: mehr als mannshoch. Diese gelb-orangen Anlagenkomponenten, die den Zu- und Abfluss des Wassers auf die Turbinen freigeben oder blockieren, sind in einem Seitenschiff der grossen Maschinenkathedrale untergebracht. Die Luft hier drin: kühl und feucht. Die Metallgriffe der Zugangsleitern: «Wenn wir hier etwas ausbauen wollen, müssen wir zuerst mal einen halben Tag Schrauben drehen», sagt Patrick von Deschwanden. Der gelernte Automatiker war früher als Servicetechniker viel unterwegs. Jetzt legt er seine Kilometer im weitläufigen Kraftwerk zurück und stemmt bei seiner Arbeit so manches Kilo. «Das Fitnesstraining habe ich dann vor dem Feierabend schon absolviert.»
Mittlerweile sind von Deschwanden und von Rotz wieder in der grossen Halle angelangt. Nächster Job: das Schmieren der Turbinenregler. Bevor die Instandhaltungsspezialisten an die Maschinen gehen, müssen sie immer den aktuellen «Fahrplan» der vollautomatisierten Stromproduktion konsultieren und ihre Arbeiten mit der Leitstelle absprechen. «Wir können ja nicht einfach eine Maschine für die Wartung runterfahren, wenn diese gerade unter Volllast Strom produzieren soll», erklärt Albert von Rotz. Dabei müssen sie sich auch mit der Zentralbahn koordinieren: Eine der vier Maschinengruppen im Kraftwerk Unteraa produziert Bahnstrom für die Brünigstrecke. «Bis jetzt ist noch nie ein Zug wegen uns stehengeblieben», sagt von Rotz und lacht. Dann legt er eine Hand an die Generatorenkästen: warm und vibrierend. Die Züge können fahren.
Patrick von Deschwanden prüft eine Anlage für das Hydrauliköl.
Patrick von Deschwanden prüft zum Schluss noch das Kontrollpanel der Maschinengruppe 1. Die Anzeigen: «Netzbetrieb», «Automatik». Die Farbe: grün. Alles in Ordnung. Die Anlagen melden ihren Status auch laufend ins Netzleitsystem. Tritt ein Fehler auf, der vor Ort behoben werden muss, kann das auch mal eine Nachtschicht bedeuten: Dann muss der Kollege, der gerade Pikettdienst hat, ausrücken. Besser also, die Kontroll- und Wartungsarbeiten tagsüber wurden sauber durchgeführt. Heute haben Patrick von Deschwanden und Albert von Rotz ein gutes Gefühl. Ein letztes Lauschen: Drinnen brummt alles, wie es soll. Dann stossen die beiden das unscheinbare grüne Tor auf und treten hinaus. Das Tal: still und ruhig. Das Gefühl im Körper: kribbelnd. Die Energie aus dem Berg: Sie schwingt noch lange nach, hier, zuhinterst in der Giswiler Unteraa.